Wie ich bereits an anderer Stelle in diesem Forum schrieb, wird in Österreich als Obergrenze für eine „zumutbare/zulässige Blendung“ eine Einwirkung von 30 Minuten am Tag und/oder 30 Stunden im Jahr festgelegt. So gelten nach der OVE Richtlinie R 11-3:2016 Wohn- und Schlafräume, aber auch Krankenzimmer und Schulräume; Büro-, Praxis- und Arbeitsräume wie auch Erholungsbereiche im Außenbereich von Wohngebäuden (d.h. Gärten) als schützenswert.
Wenn es betreffend einer Einwirkung schon mal Richtlinien, Normen und Grenzwerte gibt ist es unausweichlich, dass bei z.B. Genehmigungsverfahren von neuen Bauvorhaben aber auch im Streitfall bei Problemlagen im Bestand eine lichttechnische Bewertung der jeweiligen Immissionslage folgt.
Beispiele von potentiell übermäßigen Blendwirkungen infolge…
a) reflektierender Fassaden aus Metall und/oder Glas (Bilder links und rechts der Mitte)
b) reflektierende Dachdeckung mit glasierten Schindeln (Bilder in der Mitte)
Leuchtdichtevergleich von unterschiedlichen Oberflächen/Materialien (bewusst gering belichtete Aufnahme bei Sonneneinstrahlung):
Nr. 1: handelsüblicher „weißer“ Papierbogen im Format A4 mit matter Oberfläche, Leuchtdichte (Helligkeitseindruck) von Lmax ~ 28.000 cd/m²
Nr. 2: dunkle Dachschindel/Fassadenplatte in „Schwarzgrau“ mit matter Oberfläche mit Lmax ~ 12.000 cd/m²
Nr. 3: glänzende Dachschindel/Fassadenplatte, Oberfläche aus „gebürstetem Aluminium“ mit Lmax ~ 560.000 cd/m²
Nr. 4: silbergraue Dachschindel/Fassadenplatte mit glatter Oberfläche mit Lmax ~ 237.000 cd/m²
Der Grundsatzstudie „Medizinische Beurteilungsgrundlagen der Passiven Blendung“, herausgegeben vom Institut für Umwelthygiene der Medizinischen Universität Wien zufolge liegt der Anpassungsbereich des gesunden menschlichen Auges zwischen etwa 10.000 bis 100.000 cd/m². Dies bedeutet, dass menschliche Auge kann sich bei solchen Leuchtdichten zumeist noch ohne absolute Blendung zurechtfinden, ab 100.000 cd/m² mag aber auch hier die Grenze überschritten sein und eine hinderliche Absolutblendung kaum mehr vermieden werden.
Dahingehend wäre Bauträgern und ArchitektInnen anzuraten sich im Zuge Ihrer Planungen bei der Materialwahl auf Außenbauteile einzuschränken, die tendenziell nur Leuchtdichten < 100.000 cd/m² bei Sonneneinstrahlung aufweisen und/oder nur im wirklich benötigten Ausmaß (d.h. bevorzugt kleinflächig) einzusetzen um keine längeren Einwirkzeiten auszulösen.
Zudem wären insbesondere in der Nähe von Verkehrsträgern (Straßen-, Bahn- und Flugverkehr) abzuklären, ob in diesen Bereichen Blendungen gänzlich vermeidbar sind. So mag es im Zuge eines z.B. Ermittlungsverfahrens nach einem Verkehrsunfall (Blendung/Ablenkung der VerkehrsteilnehmerInnen) zu Fragen kommen, inwieweit durch die Baugestaltung eine Mithaftung am Geschehen im Raum steht.
Andreas Doppler, 13.08.2020
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